Papiernegative Teil 1: Kalotypie

Für mein nächstes Projekt, das voraussichtlich im Sommer 2024 startet, werde ich versuchen an die Anfänge der Fotografie zurück zu kehren. Den Begriff “Fotografie” gab es damals allerdings noch gar nicht. Das Negativ auf Schreibpapier hiess Kalotypie oder Talbotypie nach einem seiner Erfinder Henry Fox Talbot. Die Positivkopien wurden einfach Salzdrucke genannt.

 

Die Anfänge

Wir begeben uns auf eine Zeitreise ins Jahr 1840. Kein Strom, kein Auto, keine sozialen Medien. Aber eine Zeit des Aufbruchs, der Erfindungen und Entdeckungen in Chemie, Optik und Mechanik. Man suchte nach Möglichkeiten, die Wirklichkeit in einem Bild fest zu halten. Natürlich gab es die Malerei. Aber Henry Fox Talbot, ein englischer Gentleman, konnte nicht malen, was ihm schmerzlich bewusst wurde, als er mit Hilfe einer Camera Lucida auf seiner Hochzeitsreise italienische Landschaften kritzelte und das Resultat (zu)recht mickrig fand.

Er begann also mit bereits bekannten Ingredenzien, wie Silber und Salzen zu experimentieren und schaffte es tatsächlich bereits in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts Bilder auf Papier zu erzeugen. Dabei handelte es sich vorwiegend um Fotogramme, also Abdrücke von Pflanzen oder Gegenständen, die das Sonnenlicht vom lichtempfindlichen Silbersalz fern hielten und so ein negatives Schattenbild erzeugten.

1939 musste Fox Talbot in der Zeitung lesen, dass ausgerechnet die Franzosen ein Verfahren zum Erzeugen von Bildern erfunden hatten. Die Daguerrotypie, benannt nach einem Ihrer Erfinder. Ausgerechnet die Franzosen! Rasch nahm er seine vernachlässigten Forschungsergebnisse wieder aus der Schublade und perfektionierte sein Verfahren, das er als Calotype (schönes Abbild) bezeichnete und patentieren liess. Die Verbesserung bestand in einer Verkürzung der Belichtungszeit, was das Verfahren erst für die Verwendung in einer Kamera mit einem einfachen Objektiv tauglich machte.

 

Henry Fox Talbot veröffentlichte 1844 eine Publikation in mehreren Ausgaben mit insgesamt 24 Originalfotografien: «The Pencil». Es gilt als das erste Fotobuch der Geschichte. Diese Ausgabe ist ein Faksimile herausgegeben von KWS Publishers. “The Pencil of Nature” wurde von Henry Fox Talbot ab 1844 publiziert, um sein Verfahren in allen möglichen Anwendungen von seiner besten Seite zu zeigen.

 

Fazit

Für mich ist die Calotype, die ein negatives Bild auf einem Stück Papier erzeugt die wahre Vorläuferin unserer noch heute angewandten analogen Fotografie. Vom Papiernegativ kann durch kopieren ein positives Bild auf Papier erzeugt werden. Die Daguerotypie kann nur auf einer kleinen Silberplatte als Unikat existieren.

Nach meinen Projekten mit der Kollodium-Nassplatten-Fotografie ist die Beschäftigung mit der Calotype eine kleine Reise um ca. 15 Jahre zurück in der Geschichte der Fotografie. Die Nassplatte wurde im Übrigen eingeführt, weil das Schreibpapier als Träger des Negativs einen schlechten Einfluss auf die Bildschärfe und die Haltbarkeit hatte. Es war in der Mitte des 19. Jahrhunderts zudem nicht einfach, ein geeignetes und fehlerfreies Papier zu erhalten. Glas als Negativträger war transparent und chemisch rein. Daher waren die Fotografen jener Zeit froh um diesen technischen Fortschritt. Der Nachteil der kurzen Verwendungszeit der feuchten Kollodiumplatten wurde dann 20 Jahre später 1870 mit der Einführung von Trockenplatten auf Silbergelatine-Basis verbessert. Die Platten konnten in Massen produziert, gelagert und transportiert werden. Dieses Verfahren blieb bis heute im Wesentlichen bestehen. Das Glas wurde durch die Cellulose und das Polyester ersetzt und die Emulsionen wurden komplexer und lichtempfindlicher. Jede dieser Entwicklungen erleichterte dem Fotografen die Arbeit. Aber am Anfang war das Licht und das Papiernegativ, die Calotype.

Deshalb lohnt es sich in meinen Augen, diese historische Art der Fotografie wieder zu beleben und neue Bilder damit entstehen zu lassen.

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